Christus ist am ersten Tag der Woche auferstanden – so steht es in den Evangelien (Mc. 16, 2. 9; Lc. 24, 1; Joh. 20, 1). Aber dieser Tag war zugleich der achte Tag als Abschluß der Woche, die Er in Jerusalem verbrachte: mit dem achten Tag wird aus der Woche des Verrats und Leidens die Zeit des Heils. Der Auferstehungstag wird darum bald nicht mehr «erster Tag» genannt, sondern «Herrentag» (Apoc. 1, 10) – so wie bis heute im Griechischen, im Lateinischen und in den romanischen Sprachen.
Der achte Tag als Tag des Heils – das ist schon im Alten Testament angelegt: Die Beschneidung, die Aufnahme in den Bund, geschah am achten Tag (Gen 17, 12; Lev. 12, 3) – und ausdrücklich wird gesagt, daß Isaak (Gen. 21, 4), Johannes (Lc. 1, 59), Paulus (Ph. 3, 5) und vor allem Christus selbst (Lc. 2, 21) am achten Tag beschnitten wurden. Am achten Tag wird, wer unrein war, mit einem Opfer für rein erklärt (Lev. 14, 10; 15, 14. 29; Num. 6, 10).
Das Erntedankfest, mit dem sich der Festkreis des Gesetzes vollendet, das Laubhüttenfest, wird mit der Feier des achten Tages beschlossen (Lev. 23, 36. 39; Num. 29, 35). An diesem Tag wird der Tempel geweiht (II. Chr. 7, 9), der für ein Jahrtausend die Mitte der Heilsgeschichte ist. Die neuerliche Weihe des geschändeten Tempels wird acht Tage lang gefeiert; und ebensolang soll jährlich das Gedenken dieses Ereignisses gefeiert werden (I. Makk. 4, 56. 59) – Hanukka, ein Fest, das auch Christus in Jerusalem beging (Joh. 10, 22).
Die alte Kirche wußte die Heilsgeschichte typologisch zu deuten: so wie verschiedene Münzen, von einem Prägestempel geschlagen, das gleiche Gepräge zeigen, den gleichen Typos, so zeigen auch verschiedene Ereignisse der Heilsgeschichte den gleichen Typos, gleichsam als Handzeichen dessen, von dem das Heil kommt. Schon im Neuen Testament sind dafür die Begriffe «typos» und «antitypos» zu finden.
Darum ist es bedeutsam, daß sich so oft Heil mit dem achten Tag verbindet. Und darum ist es sinnvoll, weiter in der Schrift zu forschen, wo die «Acht» als Zahl des Heils zu finden ist.
Im achten Jahr seiner Krankheit wird Aeneas von seiner Lähmung geheilt (Act. 9, 33).
Als dreimal acht kann man die Zahl der Priester deuten, die auf Thronen rund um Gottes Thron sitzen (Apoc. 4, 4).
David, dem verheißen worden ist, Stammvater Christi zu sein, ist der achte Sohn Jessais (I. Sam. 17, 12. 14).
Acht Seligpreisungen sind es in der Bergpredigt (Matth. 5, 3-10).
Und dort, wo Petrus die Taufe als «antitypon» der Arche Noë bezeichnet (I. P. 3, 20 f.), nennt er die Zahl derer, deren Seelen in der Arche gerettet wurden: acht. Und er sagt, daß Noë als achter von ihnen der Verkünder der Gerechtigkeit war (II. P. 2, 5).
Aber nicht nur deshalb ist die Acht die Symbolzahl der Taufe: die Taufe ist das Sakrament der Auferstehung, des achten Tages also.
Freilich ist die Taufe auch das Sakrament des Begräbnisses Christi (Col. 2, 12); ebenso aber ist die «Befragung des guten Gewissens vor Gott durch die Auferstehung Christi, der zur Rechten Gottes ist» (I. P. 3, 21 f.). Auferstanden ist der Christ «durch den Glauben an das Wirken Gottes, der Ihn [Christus] auferweckt hat von den Toten» (Col. ebd.). Die Taufe aber ist der Beginn des Glaubens. Darum heißt bis heute der Teil der Liturgie, der in der Urkirche den Katechumenen verschlossen war, «Missa fidelium – Messe der Gläubigen». Und vor der liturgischen Katabasis des späten XX. Jahrhunderts fragte der Priester den Täufling zuerst: «Was begehrst du von der Kirche Gottes?» und erwartete die Antwort: «Den Glauben». Die Acht nun ist auch die Symbolzahl des Glaubens: am achten Tag der Auferstehung findet Thomas den Glauben an sie (Joh. 20, 26).
Darum sind Baptisterien und Taufbecken achteckig.
«Das Heil kommt von den Juden» (Joh. 4, 23). Der Neue Bund geht aus dem Alten hervor; denn Christus, der Heiland des Neuen Bundes, ist der vom Alten verkündigte Messias (von Deut. 18, 15 an). Er ist geboren aus dem Volk des Alten Bundes, von einer jüdischen Mutter, Maria. Und Maria hört die Verheißung des Alten Bundes: «Geben wird ihm Gott, der Herr, den Thron seines Vaters David; und er wird herrschen über das Haus Jakob in Ewigkeit» (Lc. 1, 32 f.). Und so steht Maria am Schluß des Alten Bundes; so, wie der Neue Bund, der Bund Christi, aus dem Alten hervorgeht, so geht Er selbst aus Maria hervor.
Freilich hat Maria Anteil am Neuen Bund, sogar als erste, vom Beginn ihres Lebens an – das lehrt uns das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis. Und sie ist bei den Aposteln bis zum Pfingstereignis (Act. 1, 14). Aber in der weiteren Geschichte der Kirche spielt sie keinerlei Rolle mehr – ihre Tat in der Heilsgeschichte ist ihr «Ja» zu jener alttestamentlichen Verheißung in den letzten Tagen des Alten Bundes.
Der Sabbat aber ist der Tag des Alten Bundes, der die Woche beschließt und als Feiertag vollendet, so wie Maria den Alten Bund beschließt. Mehr noch: die letzte Heilstat im Alten Bund ist die Sabbatruhe, die Christus vor seiner Auferstehung im Grabe einhält. So wie der Neue Bund aus dem Alten hervorgeht, wie der achte Tag, der Tag Christi, aus dem siebten, dem Sabbat, hervorgeht, wie das entscheidende Heilsereignis des Neuen Bundes, die Auferstehung, aus der Sabbatruhe des Alten hervorgeht, so geht Christus aus Maria hervor. So ist der Sabbat also «antitypos» Marias.
Und wie die neue Geburt «aus Wasser und Geist» (Joh. 3, 5) mit der Auferstehung durch den Glauben in der einen Taufe (Eph. 4, 5) zu einem Sakrament verbunden ist, so ist die Geburt Christi aus Maria mit Seiner Auferstehung aus der Sabbatruhe zu dem einen Heilsgeschehen des Neuen Bundes verbunden.
Darum feiert die lateinische Kirche den Sabbat als den Tag Marias.