Liturgica III

September 2005 — Februar 2009:
• LITURGICA I •
März 2009 — Mai 2012:
• LITURGICA II •

Orietur Occidens

Jugendgottesdienst

Sonntag, 8. Juli 2012

Wie Jugendlichen der Glaube erklärt wird

Am Sonntagvormittag Jugendmesse. Zwei Stühle sind vor dem Altar aufgebaut. Nach dem Evangelium nehmen darauf zwei Jugendliche Platz, erzählen; danach meint der Priester, dem wolle er keine Predigt mehr hinzufügen.
So sei die Szene, die die Predigt ersetzt, genauer dargestellt: ein Stuhl vor der Mitte des Altars; darauf setzt sich, Rücken zum Altar und zum Tabernakel, der junge Mann. Auf den Stuhl etwas seitlich davon setzt sich die junge Frau. Sie schildert kurz ihre unsichere Haltung dem Glauben gegenüber. Dann sagt ihr der junge Mann ausführlich, was der Glaube wirklich bedeutet. Nun ist alles klar.
Nach der Messe erfahre ich von einer Frau aus der Mitte der Pfarrgemeinde, daß es in diesem Gottesdienst doch darauf angekommen sei, daß es den Jugendlichen gefalle. Das also heißt Gottesdienst!

W.H.W

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Orietur Occidens

Moderne Sakralkunst

Dienstag, 17. Juli 2012

Ars liturgica in Augsburg

Alte und neue Sakralkunst im Dom zu Augsburg – Glanz und Grenzen moderner Kunst zeigen sich da.
Während das Südportal des Querschiffs die mittelalterliche Pracht zeigt, enthält das des Seitenschiffs eine Bronzetür, die von modernen Reliefs (jedenfalls aus der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts) bedeckt ist – Kunst, die sich nahtlos und vollwertig in den mittelalterlichen Rahmen einfügt.
Ganz anders im Inneren: der Hochaltar ist ersetzt durch ein unansehnliches Podest für das Tabernakel; der Altar fürs Mittelschiff steht am Fuße des Chors, aber tief unter dessen Niveau. Während im Mittelschiff schöne alte Kirchenbänke stehen, ist zwischen den Reihen des Chorgestühls der Chorraum ausgestattet mit Konferenzraumstühlen.
In der Schatzkammer des Doms gibt es eine Sonderausstellung: «Ars liturgica». Das zentrale Thema: Einbände für Evangeliare. Alte und neue Stücke sind ausgestellt, unter den neuen sehr ansehnliche. Doch ins Auge springt zunächst ein Evangeliar, auf dessen Vorderdeckel, nicht sonderlich schön und wenig funktional, vier Becher aufgeklebt sind. Was soll das?
Das erfährt man von einem ausgelegten Blatt: «Auffälligstes Merkmal der ungewöhnlichen Gestaltung sind die vier Trichter auf der Vorder- und Rückseite. Der zahlensymbolische Bezug (Evangelisten, Himmelsrichtungen) wird mit einer akustischen Metaphorik verbunden. Das „Wort“ soll „laut“ werden, mit Kraft und Engagement verkündet, gerufen, hinausposaunt werden. Zu dieser „Lautstärke“ passt die Neonfarbe, die sich in der silbernen Fassung vielfältig und lebendig spiegelt.»
Immer wieder zu wiederholen: es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen dem, was etwas bedeutet, und dem, was etwas bedeuten soll. Und wenn mitzuteilen, was es bedeuten soll, solch verquaster Sprache bedarf, ist es um so deutlicher bedeutungslos.

W.H.W

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Fürbitten

Sonntag, 22. Juli 2012

Regieführung im Gottesdienst

Der Vorbeter: «Laßt uns beten für ... Die Antwort auf die Fürbitten lautet: „Vater, öffne unsere Türen und unsere Herzen!“»
Die Gemeinde im Chor: «Vater, öffne unsere Türen und unsere Herzen!»

W.H.W

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Laienbeteiligung im Gottesdienst

Fest der Aufnahme Marias in den Himmel, 15. August 2012

«Und man siehet die im Lichte»

Abendliche Festmesse in meiner Pfarrkirche im Gründerzeitviertel. Nach den obligatorischen Eingangsworten treten eine Frau und ein Kind ins Licht des Chorraums; der Pfarrer überläßt ihnen das Wort. Das Kind fragt wiederholt nach der Bedeutung des Festes, die Frau antwortet – nicht besonders erhellend.
Nach dem Evangelium läßt der Pfarrer eine andere Frau eine Ansprache anstelle der Predigt halten. Vom Sinn des Festes erscheint dabei nicht viel; wir erfahren, daß eigentlich ebenso wie Maria wir uns auch selbst feiern dürfen, wenn wir nur Glauben und Vertrauen haben. Nichts davon, daß Maria alle Geschlechter selig preisen werden; nicht vom Handeln Gottes an ihr.
Nach Kommunion und Kräuterweihe (immerhin!) tritt noch einmal dieselbe Frau ans Pult; sie soll ausführlich erklären, worum es bei einer bevorstehenden Veranstaltung geht. Ich verlasse die Kirche.
«Gottesdienst» hier wie vielerorten: nicht etwa Priester und Volk wenden sich vereint ihrem Herrn zu, sondern die dort vorne wollen denen da hinten etwas sagen
[«Denn die einen sind im Dunkeln / Und die andern sind im Licht», ließ Berthold Brecht in der Dreigroschenoper singen].

W.H.W

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Die vierzig Tage

Samstag, 9. März 2013

Fasten in der Fastenzeit

Um des anstehenden Konklaves willen fasten die Angehörigen der Piusbruderschaft einen Tag – einen Tag in der Fastenzeit. Und sie laden alle Gläubigen ein, sich diesem Fasttag anzuschließen.
Sie erklärt bei der Gelegenheit, wie dem katholischen Kirchenrecht nach ein Fasttag aussieht:
«.. ein Tag, an dem man nur eine sättigende Mahlzeit einnimmt (vorzugsweise mittags).» Wieso vorzugsweise mittags? Altkirchliche Disziplin ist es, mit allem Essen bis zum vierten Viertel des Tages, zur Zeit nach der Non, der neunten Stunde, zu warten.
«Am Morgen und am Abend ist dann nur eine kleine Stärkung erlaubt (morgens ein Stück trockenes Brot und Getränk; abends ein Teller Suppe mit einem Stück Brot).» Immerhin, das ist weniger als das gebräuchliche deutsche Frühstück mit belegten oder bestrichenen Butterbroten oder Brötchen. Das Abendessen mit dem Teller Suppe ist dagegen nicht unbedingt karger als das typische deutsche Abendbrot. Also: ein sehr gemäßigtes Fasten.
Wann fastet man? «Nach dem neuen Kodex (1983) sind verpflichtende Fasttage der Aschermittwoch und der Karfreitag», erklärt die Piusbruderschaft. Hat sie etwa Frieden mit diesem Kodex geschlossen? Wie dem auch sei: Fasten hat einen geistlichen Sinn und braucht sich nicht aufs juristisch angeordnete Maß zu beschränken.
Das tut die Bruderschaft auch nicht: «Die Piusbruderschaft fastet in ihren Häusern auch an allen Freitagen in der Fastenzeit sowie an den Quatember-Tagen.» Altkirchliche Disziplin ist es, außer in der Osterzeit an jedem Mittwoch und Freitag zu fasten; und der Aschermittwoch ist der Tag, von dem an allen Werktagen gefastet wird, um so auf vierzig Tage bis Ostern zu kommen. Der heilige Benedikt allerdings ließ für seine Mönche die vorösterliche Fastenzeit schon am 13. September beginnen (RB 41).
Dies schreibe ich nicht, um die Piusbruderschaft anzuschwärzen; ich glaube nicht, daß andere Institute das strenger halten, und erst recht dürften das nur wenige Paulisextaner tun. Und auch ich halte die altkirchliche Disziplin nicht annähernd ein.
Aber ein Fasten, das sich mit einem kleinen Zuschlag zum juristisch gebotenen Minimum begnügt, macht einfach keinen Spaß. Und wenn jemand jedwede Begründung nutzt, sich vor dem strengen Maß des Fastens zu drücken: in Ordnung! Aber Ausnahmen setzen doch voraus, daß es die Regel gibt, daß man sich doch ein wenig durchschütteln läßt vom Fasten.
Ein frohes Fasten allen Lesern!

W.H.W

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Orietur Occidens

Fürbitten

Ostervigil, 30. April 2013

Zweideutiges vom Generalvikariat

In der Osternachtfeier fällt mir eine Fürbitte auf, die, nun, eindeutig zweideutig klingt. Ich reklamiere es einige Tage später beim verantwortlichen Priester; der antwortet mir, die Fürbitten seien von der Diözese Trier veröffentlicht worden.
Und wirklich, unter der Ägide des Generalvikariats finde ich die Fürbitte:
« In der Frühe des Ostermorgens wurde Maria von Magdala die erste Zeugin der Auferstehung.
Wir beten für die Frauen in der Kirche, die heute die Frohe Botschaft verkündigen.
Für die Frauen, die um ihren angemessenen Platz in der Kirche kämpfen.
Für alle Frauen und Männer, die sich mit den alten Rollen nicht zufrieden geben. »
Honi soit qui mal y pense?

W.H.W

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Orietur Occidens

Die Lehmannkirche offenbart sich

Donnerstag, 6. Juni 2013

Kardinal Lehmann möge endlich das Konzil anerkennen!

Kardinal Lehmann hat sich «gegen vermehrte Feiern der lateinischen Messe im „Tridentinischen Ritus“ gewandt. „Ich habe den Eindruck, die ganze Begeisterung auch für das Latein hat viel mit Prestige zu tun und falschen Vorspiegelungen einer vermeintlichen Kulturelite“, sagte Lehmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Solche Motive stimmten ihn eher skeptisch, so der Kardinal.»
Im selben Interview ist manches andere bemerkenswert. «Er halte „ein stärkeres Nebeneinander beider liturgischer Formen heute nicht für sinnvoll, auch weil es nicht von unten gewachsen ist“, sagte Lehmann.» Woher denn sonst? Ist es etwa vom deutschen Episkopat forciert worden?
Zur Anordnung Papst Benedikts, die deutsche Übersetzung der Wandlungsworte, das «für alle», zu berichtigen, «sagte Lehmann, man müsse „das jetzt mal abwarten und kann das Ganze vielleicht auch etwas entspannen“.» Mit anderen Worten: der Kardinal der römischen Kirche, der ja dem Papst Gehorsam gelobt hat, will dessen Anordnung aussitzen.
Derselbe Kardinal ist es übrigens auch, der gegen den Sozialstaat zu Felde gezogen ist.
Das Latein: Wo es um die Sache geht, ist es schlechter Stil, mit unguten Motiven zu argumentieren, die man der Gegenseite einfach unbekümmert zuschreibt. Was aber das Latein in der Messe betrifft, so wurde es vom II. Vaticanum, das doch von der Lehmannkirche vorgeblich so hoch geschätzt wird, verbindlich festgeschrieben: «Linguae latinae usus, salvo particulari iure, in Ritibus latinis servetur – der Gebrauch der lateinischen Sprache werde, unbeschadet des besonderen Rechts [einzelner Kirchen], in den lateinischen Riten [imUnterschied zu den Riten der Ostkirchen] bewahrt» (Constitutio de Sacra Liturgia „Sacrosanctum Concilium“ 36. §1). Weiterer Raum ist der Volkssprache zu gewähren «imprimis autem in lectionibus et admonitionibus, in nonnullis orationibus et cantibus – vor allem aber in den Lesungen und Ermahnungen, in manchen Gebeten und Gesängen» (§2).
Immer nur von der Pius-Bruderschaft, die einige theoretische Vorbehalte äußert, wird streng gefordert, das II. Vaticanum anzuerkennen. Kardinal Lehmann aber wendet sich ganz praktisch massiv davon ab. Er möge endlich das Konzil anerkennen!

W.H.W

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Orietur Occidens

Die Kurie gegen Papst Benedikts Anliegen

Montag, 29. Juli 2013

Sorgen nicht nur um die Franziskaner der Immaculata

Die Franziskaner der Immaculata – ein geistliches Institut, das sich daran gemacht hat, das franziskanische Erbe im Geiste des heiligen P. Maximllian Kolbe zu erneuern. Eine der wenigen ordensartigen Gemeinschaften, die regen Zulauf haben; und eine jener Gemeinschaften, die nicht nur, aber ganz verbreitet den extraordinären Usus pflegen. Und die Erfahrungen unserer Zeit sprechen dafür, daß ihre Pflege des extraordinären Usus eine zentrale Ursache des regen Zulaufs ist, dessen sich die Gemeinschaft erfreut.
Siehe:
• Havarien in der Kirche •
Einige Institutsmitglieder haben sich beklagt; ihnen war es offenbar zuviel an geistlicher Erneuerung. Nun ein Dekret der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens: die Mitglieder des Instituts dürfen, Papst Franziskus selber habe das angeordnet, die Liturgie nur noch mit „ausdrücklicher Autorisation der zuständigen Autoritäten“ zelebrieren.
Der Mitgründer des Instituts, P. Stefano M. Manelli, hat bereits erklärt, er werde mit dem ganzen Institut dem Papst gehorchen. Zu hoffen ist nun, daß sich unter den Franziskanern der Immaculata genügend „zuständige Autoritäten“ finden werden, die die Feier der Liturgie im extraordinären Usus autorisieren.
Doch sei einmal betrachtet, was da eigentlich geschehen ist (siehe Sandro Magister: „La prima volta che Francesco contraddice Benedetto“): ein Dekret wird erlassen, das gegen geltendes Kirchenrecht verstößt, nämlich gegen das Motu proprio „Summorum Pontificum“, welches jedem Priester die Zelebration einer „missa sine populo“ im extraordinären Usus ausdrücklich ohne jedwede Erlaubnis gestattet. Dieses Dekret nun zitiert den Papst – „il Santo Padre Francesco ha disposto“ –, und der Papst hat es approbiert. Doch es trägt nur die Unterschrift von Kuriengrößen. Man kann sich leicht die Situation vorstellen: dem Papst wird ein Dekret vorgelegt, das sich scheinbar nur auf die Querelen eines geistlichen Instituts bezieht, für die diese Kongregation ja zuständig ist; der Papst gibt dazu nach einem oberflächlichen Blick aus dem Augenwinkel geschäftsmäßig sein Placet.
Ist in diesem kritischen Punkt das Dekret überhaupt rechtsgültig? Wohl nicht: ein Dekret einer Kongregation kann ein päpstliches Gesetz nicht einfach außer Kraft setzen. Es kann das, auch wenn es den Papst zitiert, auch wenn es vom Papst approbiert ist, erst recht nicht, ohne ausdrücklich klarzustellen, daß damit geltendes Recht außer Kraft gesetzt werden soll, ohne dieses entgegenstehende Gesetz auch nur zu erwähnen. Mit anderen Worten: solange jedenfalls, wie nicht klargestellt ist, daß der Papst wirklich selber den Eingriff ins Kirchenrecht will, der da angeordnet ist, bleibt das Gesetz gültig.
Sandro Magister erwähnt die Möglichkeit, gegen das Dekret bei der Segnatura apostolica Einspruch zu erheben; doch P. Stefano M. Manelli wird keinen Einspruch erheben. Aber bedarf der einzelne Priester überhaupt der gerichtlichen Bestätigung seines nach geltendem Gesetz bestehenden Rechts?
Zu befürchten ist, daß da versucht wird, von Seiten der Kurie auf dem Verwaltungsweg die päpstliche Autorität auszuhebeln, die von Papst Benedikt eingeleitete Erneuerung des liturgischen Lebens der Kirche zunichte zu machen.
Es bleibt nun, für Papst Franziskus zu beten und für die Franziskaner der Immaculata.

W.H.W

Nachtrag von Samstag, 14. September 2013:
Eine Analyse der angesehenen Studienkommission „Bonum veritatis“ zeigt die rechtliche und moralische Unhaltbarkeit des Dekretes der Kommissare auf:
• „Una sanzione in palese contrasto con il motu proprio di Benedetto XVI ...“ •
Und das Unheil geht weiter:
• Franciscus I. et Franciscani Immaculatae •

W.H.W

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Gestaltung des Gottesdienstes

Fest der Aufnahme Marias in den Himmel, 15. August 2013

Gedanken zum Bedanken

Zur Festmesse gehe ich doch wieder einmal in die nahegelegene Pfarrkirche unseres Gründerzeitviertels.
Gegen Ende der Messe bedankt sich der Priester bei den entsprechenden Damen für ihre Beteiligung an der Gestaltung des Gottesdienstes. Nun: ein Frage-und-Antwortspiel, eine Bildbetrachtung anstelle einer Predigt – ich würde es eher Verunstaltung nennen; aber das ist hier nicht das Thema.
Meine Frage ist: wer eigentlich wäre berechtigt, sich für die Gestaltung eines Gottesdienstes zu bedanken?

W.H.W

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Orietur Occidens

Liturgie und Kirchenraum

Mittwoch, 18. September 2013

Ein Problem und eine falsche Lösung

Vom Liturgischen Institut in Trier hatte sich Herr Poschmann zu einem Herbstvortrag in Deutschlands Fernen Osten, in unser Großstädtchen begeben, um über «Risiken und Nebenwirkungen von Liturgie und Kirchenraum» zu sprechen. Manches Sinnvolle sagte er – er wünschte, daß Priester und Vorbeter, wenn sie Gebete sprechen, sich dem Altar zuwenden –, manches Interessante – er war auf eine Studie über die Gestaltung von Küchen in den letzten Jahrzehnten gestoßen und stellte fest, daß die Anlage von Küchen und die von Altarräumen in dieser Zeit ganz ähnlichen Moden folgten.
Sein Anliegen: eine Gestaltung des Kirchenraums, die die Teilnahme der Gemeinde an der Liturgie begünstigt. Seine Antwort: Axiale Aufstellung von Altar, Kreuz, Ambo, die Gemeinde hufeisenförmig darum herum.
Sein Anliegen teile ich, seiner Lösung kann ich nicht beipflichten. Aber hat das Bedeutung? De gustibus est schließlich non disputandum.
Es hat Bedeutung, es hat seinen gravierenden Grund.
Der Referent betrachtete im Wesentlichen die Geschichte des Kirchenbaus der letzten eineinviertel Jahrhunderte. Die Aufgabe aber, die Gemeinde angemessen an der Liturgie zu beteiligen, ist so alt wie die Christenheit; Lösungen der letzten siebzehnhundert Jahre sind uns bekannt. Hier allerdings wird offenbar eine Lösung gesucht, die dem Haupt des Theologen entspringt wie Athena dem des Zeus. Doch es ist historisch ignorant, um nicht zu sagen: unkirchlich, mehr als anderthalb Jahrtausende der Kirchengeschichte und dazu noch die Ostkirchen auszublenden, wenn man über diese Frage nachsinnt.
Vom christlichen Osten kann man lernen, was in gewisser Weise auch von mittelalterlichen Kirchen des Westens bestätigt wird, daß der Altar den Raum des liturgischen Geschehens abschließt, den Zielpunkt bildet, nicht aber den geometrischen Mittelpunkt. Das liturgische Geschehen hat einen weiten Raum, in der Mitte des Volks, im Chorraum – im byzantinischen Ritus ist das vor der Ikonostase – und eben im Altarraum. In einem engen Raum zwischen den Schenkeln des Hufeisens der Bänke, in dem noch Altar und Ambo stehen, ist zu wenig Raum für Bewegung in der liturgischen Handlung.

W.H.W

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Liturgik vom Deutschen Liturgischen Institut

Mittwoch, 25. September 2013

Viel Schatten und dazwischen etwas Licht

Noch einer der Herbstvorträge in unserem Großstädtchen, wieder kommt der Referent vom Deutschen Liturgischen Institut in Trier; der Leiter selber ist es, ein Priester, Geschäftsführer der „Ständigen Kommission für die Herausgabe der gemeinsamen liturgischen Bücher im deutschen Sprachgebiet“ und Berater der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz. Geschichtliche Perspektiven der Liturgie will er darstellen.
Wenig Neues für den, der ein wenig kundig ist. Ausgiebig dargestellt werden die Mißstände der Liturgie der Neuzeit, im Besonderen des XIX. und frühen XX. Jahrhunderts, und dabei wird der Eindruck erweckt, von diesen Mißständen sei die überlieferte Liturgie insgesamt betroffen. Andere Anschauungen werden durch humorfreie Witzeleien abgetan. Auf einen sachlichen Einwand, den ich bringe, reagiert er mit möglichst unauffälligem Themenwechsel.
Auch Dubioses ist zu hören: die Heiligen, die im Römischen Kanon genannt werden, seien alles römische Heilige. Ganz abgesehen von den neutestamentlichen Heilige (immerhin siebzehn von vierzig): demnach wären Cyprian, Cosmas und Damian, Ignatius römische Heilige? Und unter den sieben Märtyrerinnen finde ich nur zwei römische. Die Aussage ist also abwegig, die Absicht aber klar.
Die Ämter der Kirche seien erst nach der Zeit der Urkirche eingeführt worden1. Das findet seine Fortsetzung in der Hoffnung, die er äußert, in der Herstellung einer Interkommunion mit Protestanten könne die Frage des geistlichen Amtes hintangesetzt werden. Und, wie derzeit immer, die Hoffnung, daß unter Papst Franciscus das Unmögliche möglich werde.
Und priesterlose Gottesdienste an Sonntagen seien vonnöten, seien zu fördern angesichts des zunehmenden Priestermangels. Ist das einfach die Konkursverwaltermentalität der heutigen deutschen Gremienkirche? Oder doch der Wunsch nach einer Kirche ohne hierarchische Ämter, letztlich nach einer Kirche ohne Kirche?
Doch auch, was von progressiven Liturgikern zu hören ist, ist oft besser als die heutige real existierende Liturgie (etwa deren Kritik an der Einbeziehung des Kyrie ins Schuldbekenntnis). So auch hier:
Der Referent wünscht eine Prozession zur Lesung des Evangeliums mit Kerzen und Weihrauch, nicht nur gelegentlich, sondern als Normalfall.
Und er erinnert an die Liturgiekonstitution des II. Vaticanum: «(34.) Ritus nobili simplicitate fulgeant, sint brevitate perspicui ... sint fidelium captui accommodati, neque generatim multis indigeant explanationibus.»
Sicher, unter den Konzilsvätern waren wohl zu viele Deutsche, denen ihr innerer Winckelmann «edle Einfalt und stille Größe» soufflierte, denen aber Günther Eichs Aphorismus «Was ich verstehe, interessiert mich nicht» noch nicht zu Ohren gekommen war.
Doch was der Referent aus diesem Artikel der Konstitution folgert, ist berechtigt: Priester haben einfach liturgisch zu handeln, anstatt vorher zu erklären, was sie gleich tun werden.

W.H.W

1 Zum Vergleich: W.H.W: Die Argumentation für die «Frauenordination», E&E 16 (2011), S. 25-40, und W.H.W: Biblischer Wegweiser zur Diskussion mit Zeugen J”s.

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Sieg über die Osmanen bei Lepanto

Montag, 7. Oktober 2013

Sollen wir den 7. Oktober feiern?

„Rosenkranzfest“ steht im Kalender. Aber natürlich kann man den Rosenkranz nur sinnvoll feiern, indem man ihn betet, nicht indem man ihm Meßfeier und Stundengebet eines Tages widmet.
Natürlich gilt dieses Fest nicht eigentlich dem Rosenkranz, sondern der Danksagung für den Sieg der vereinigten christlichen Flotten am 7. Oktober 1571 über die Osmanen bei Lepanto, so wie das Marienfest des 12. September nicht eigentlich dem Namen der Gottesmutter gilt, sondern der Danksagung für den Sieg der vereinigten christlichen Heere am 12. September 1683 über die Osmanen vor Wien.
Militärische Siege feiern? Uns Heutigen ist das fremd, gar anrüchig. Wenn man aber bedenkt, was ein Sieg der Osmanen bedeutet hätte, daß dann etwa weit über den Balkan hinaus in christlichen Regionen die „Knabenlese“ durchgeführt worden wäre, durch die christliche Jungen systematisch ihren Eltern entzogen wurden und, islamisch korrekt erzogen, zu Janitscharen herangezogen wurden, einer Art von Mönchskriegern, ehelos, ohne Besitz, dem Regime völlig ergeben – wenn man solches bedenkt, so kann man auch heute noch für diese Siege dankbar sein.
Aber können wir diese Festfeiern den Türken zumuten, die heutzutage unter uns leben?

Einmal hat es sich ergeben, daß ich die Gegenprobe zu machen hatte:
Am Fest des heiligen Alexander Newskij – es muß der Vorabend des 23. November gewesen sein, des 6. Dezember nach gregorianischem Kalender, bin ich einmal in eine russisch-orthodoxe Kirche geraten. Alexander Newskij war es, der 1240 an der Newa die Schweden und 1242 auf dem zugefrorenen Peipus-See das Heer des Deutschen Ordens besiegt hatte, das in Rußland eindringen wollte. Es war jener Deutsche Orden, gegen den zwei Jahre zuvor Bischof Christian von Preußen beim Heiligen Stuhl Klage erhoben hatte wegen der Unterdrückung der Balten in den von ihm eroberten Gebieten. Es war jener Deutsche Orden, dessen Hochmeister Albrecht v. Hohenzollern im XVI. Jahrhundert die Reformation nutzte, das Ordensgebiet in ein protestantisches erbliches Fürstentum umzuwandeln.
Die Heiligkeit Alexander Newskij beruht im Wesentlichen auf diesen Siegen; und so zögerte ich ein wenig. Doch dann überlegte ich: er hat das deutsche Heer daran gehindert, einen „Kreuzzug“ gegen die christlichen Russen zu führen, daran gehindert, Russen ebenso zu unterdrücken wie bisher schon die Balten.
Und daher bin ich für diesen Sieg des russischen Fürsten über ein deutsches Heer dankbar; also trat ich heran, erwies ich auch seiner Ikone meine Reverenz.

W.H.W

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Das Thema von Gottesdienst

Sonntag, 27. Oktober 2013

Wozu dient die Kirchenmusik?

Der abendländische Leser wird etwa so antworten: unserer Verehrung und unserer Liebe zum Herrn Gestalt zu geben.
In den Fürbitten wurde heute für die Kirchenmusiker gebetet: daß ihr Wirken «die Gläubigen erfreue und Seine Botschaft zum Klingen bringe».
Noch während der Messe wird den Musikern für die Kantate applaudiert.

W.H.W

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Oekumene

Samstag, 1. Februar 2014

Sie wissen es also doch

„Jakobivesper“ in der altehrwürdigen Stadtkirche St. Jakobi. Schön, daß sie als Festvesper zu Mariae Lichtmeß gefeiert wird. Erfreulich, daß (wenn es schon Hinweise gibt) darauf hingewiesen wird, daß mit diesem Fest die Weihnachtszeit endet. Besonders erfreulich, in einer protestantischen Kirche gesungen zu hören:
«Tota pulchra es, Maria, et macula originalis non est in te.»

W.H.W

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Le Barroux

Palmsonntag, 13. April 2014

Aus dem himmlischen Jerusalem ins Venaissin

«Guter Gott, das habe ich gar nicht gewußt, daß es im Westen eine solche Meßfeier gibt. Fülle, Feinheit, Ernsthaftigkeit, Geheimnis, Licht, Erneuerung – ja, das ist ebenso wie unsere orthodoxe Liturgiefeier auch, sie kam aus dem himmlischen Jerusalem zu uns», schrieb einst Tatjana Goritschewa aus Le Barroux [Unaufhörlich sucht der Mensch das Glück / Reisetagebuch. Freiburg 1989; unter: Barrou, 19.8.87].
Der Weg nach Le Barroux ist weit, doch mit dem Mietauto, das uns die provençalischen Verkehrsverhältnisse anempfohlen haben, bewältigen wir ihn. Nach dem Dorf geht es noch einige Kilometer ins Gebirge, und dann:
Schon winkt auf hohem Bergesrücken Ste Madeleine des Wandrers Blicken.
Die Kirche ist neoromanisch, doch von einer sehr schlichten, modern anmutenden Neoromanik, architektonisch eindrucksvoll und treffsicher eingefügt in die Landschaft und ihre Vegetation. Der Konvent, noch keine fünfzig Jahre alt, ist beeindruckend groß. Zahlreich auch die von auswärts gekommenen Gottesdienstteilnehmer, unter ihnen eine große Jugendgruppe.
Der Abt zelebriert ein Pontifikalamt, ohne Abstriche, zugleich von klösterlicher Schlichtheit. Die gregorianischen Gesänge in dezentem Maße in französischem Stil gesungen; beim Ordinarium wird – wie es französischer Brauch ist – das Volk, mit einem Heft für die Liturgie des Tages instruiert, von einem Mönch dirigiert. Lesungen auf Latein gesungen, dann sine nota auf Französisch.
In Le Barroux folgt man einer Variante des Konzilsritus. Die Abweichungen vom extraordinären Ritus sind von Traditionalisten gelegentlich kritisiert worden. Mir fällt die Lesung in der Landessprache gleich nach der lateinischen Fassung auf, nicht erst zur Predigt, was doch wohl von Vorteil ist, sowie der laute Gesang von Sekret und „Per ipsum“. Letzteres stört durchaus nicht, ersteres ist zumindest nicht schlechter, als wenn im extraordinären Ritus, wie es nicht selten geschieht, Gesang oder Orgelspiel das „Orate fratres“ überlagert.
Die Palmprozession zieht einen großen Kreis durch die Parkanlagen, von denen Kirche und Kloster umgeben sind. Überhaupt: nihil Operi Dei praeponatur, schrieb der heilige Benedikt (Regula, cap. XLIII) – man läßt sich Zeit; daß am Ende der Liturgie die vom sonntäglichen Tagesplan des Klosters gesetzten Zeiten hinfällig sind, beirrt die Mönche durchaus nicht.
«Und diese wenigen Minuten genügten, mich mit völlig neuem Leben zu erfüllen: Wie lange bin ich schon auf der Suche nach einer ähnlich kräftigen Speise», schrieb Tatjana Goritschewa. Zwei Stunden dauert unsere Rückfahrt – Gelegenheit, die Feier nachklingen zu lassen.

W.H.W

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Reliquien

Freitag, 27. Juni 2014

Gebet ist nicht vorgesehen

Im Domschatz von Fulda. Ein prächtiger barocker Altar, in dem die bedeutendsten Reliquien des heiligen Bonifatius ausgestellt sind. Links daneben noch eine Vitrine mit denen des heiligen Sturmius.
Eigentlich ein würdiger Rahmen. Daß das alles hinter dickem Glas ist, ist wohl der Notwendigkeit unserer Zeit geschuldet. Doch am Altar sind Schrifttafeln angebracht, die in gleicher Weise die Reliquien wie die barocken Kunstwerke drumherum beschreiben. Und keine Kniebänke, keine Kirchenbänke geben Gelegenheit, die Reliquien zu verehren; statt dessen nur eine typische Museumsbank an der Seite, an der Wand.

W.H.W

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St. Peter

Sonntag, 29. Juni 2014

Der Glanz des christlichen Kultes

Festmesse in der Pfarrkirche im Gründerzeitviertel unseres obersächsischen Großstädtchens. Der Pfarrer spricht über das Grab des heiligen Petrus, moniert, daß da die Kirche zuviel Macht und Glanz gezeigt habe – ein Gedanke, der ihn festhält: nach einiger Zeit moniert er das noch einmal.
Solche Kritik am Glanz des christlichen Kultes hat eine lange Tradition: schon im Evangelium (Joh. 12,3-8) kritisiert ein Jünger (in diesem Fall allerdings kein lieber Mensch wie unser alter Pfarrer), daß Maria das Nardenöl besser hätte verkaufen und den Erlös den Armen geben sollen.
Bei der Kommunion macht es sich der Pfarrer bequem, während Diakon und Laie das Sakrament austeilen. Bei Vermeldungen ist er dann wieder zur Stelle.

W.H.W

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Religiöse Kinderwoche

Sonntag, 27. Juli 2014

RKW mit dem Rücken zum Herrn

Heute ist das sonntägliche Hochamt die Abschlußmesse für die Religiöse Kinderwoche. Statt einer Predigt erzählt deren Leiter, der Diakon, mit Beihilfe etlicher Mitwirkender, was dabei Tag für Tag mit den Kindern getrieben wurde. Auch geistliche Inhalte fanden sich darunter. Dabei herrscht vorm Altar ein Kommen und Gehen von Beteiligten. Und natürlich gibt es dann Beifall.
Die Fürbitten werden von Beteiligten vorgetragen; in der Formulierung der Anliegen wird der Herr angesprochen, dabei wird ihm der Rücken zugekehrt.
Petrus spielte in der Woche eine zentrale Rolle. Und so soll – er war doch Fischer – zum Pater noster ein «Netz» gebildet werden: alle sollen sich an den Händen halten. Mein Platz ist am Ende der Bank; so kann ich mich dem nur mäßig auffällig entziehen.
Bei den Vermeldungen treten Mitwirkende der RKW vor, bedanken sich ausführlich beim Diakon. Sie stehen dabei vorm Altar, kehren ihm den Rücken zu. Und wieder gibt es dann Beifall.
Als Abschluß wird ein Gesang des Kinder-oder Jugendchors angesagt. Ein bemerkenswert zahlreicher Chor tritt nach vorne, kehrt dem Altar den Rücken zu, besingt den «Sonnenbrand» (sic!). Und natürlich gibt es noch einmal Beifall.

W.H.W

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Friedensgruß

Donnerstag, 31. Juli 2014

Ein mißhandelter Ritus in altem Glanz

Lange schon betrauerte ich den Zustand eines ehrwürdigen Ritus. Nun hat sich der Vatikan des Friedensgrußes angenommen; ein Rundschreiben der Gottesdienstkongregation, zunächst an die spanische Bischofskonferenz gesandt, soll an alle gehen.
Wertvolle Anordnungen:
(6.b) Wo familiäre und profane Gesten des Grußes eingerissen sind, könnten sie durch andere, angemessenere Gesten ersetzt werden. (6.c) Zu vermeiden ist, daß bei Gelegenheit der Friedensgruß mißbraucht wird für Glückwünsche oder Beileidsbekundungen.
(6.c) Weitere Mißbräuche, die zu meiden sind, sind die, daß der Priester zum Friedensgruß den Altar verläßt oder daß Gläubige dazu ihre Plätze verlassen.
Damit ist zwar noch längst nicht die Qualität erreicht, die der Friedensgruß bei Syrern und Armeniern hat; doch ein bedeutsamer Schritt ist getan.

W.H.W

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Gedrucktes, gesungenes und himmlisches Gotteslob

Fest der Aufnahme Marias in den Himmel, 15. August 2014

Der Himmel feiert die Gottesmutter

Zur Opferung wird zu meiner Freude aus dem neuen GL «Wir weihn der Erde Gaben» gesungen. Allerdings: anstelle von «nimm uns als Christ Brüder» steht dort «... Glieder», so wie in der Überklebversion des alten GL – den Herren der zuständigen Kommission*) war die Dichterin Petronia Steiner wohl nicht frauenfreundlich genug.
Doch dann: in der Bank hinter mir sitzt eine Frau, der es nicht an Stimmgewalt gebricht; mit ihr kann ich mitsingen: «nimm uns als Christ Brüder» – in St. Johannes Nepomuk jedenfalls ist wieder alles in Ordnung.

*) Siehe auch: Das Wunder der Kommission. E&E 17/2012, S. 25-34
Der Regenbogen: ein Zeichen des ewigen Bundes zwischen Gott und den Menschen, darum auch ein Zeichen Christi und dann auch der Gottesmutter, der Arca Foederis. Als wir die Kirche verlassen, steht am Himmel längere Zeit hindurch ein Regenbogen, so weit und makellos den Himmel umspannend, wie man ihn selten sieht.

W.H.W

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Kirchweihfest mit Bischof

Sonntag, 12. Oktober 2014

Viele Gelegenheiten, sich zu bedanken

Kirchweihfest in einer niederrheinischen Vorstadtkirche, eine runde Zahl von Jahren, und zudem die Kirche frisch gestrichen: da ist der Bischof gekommen.
Daß vor der Messe, um zusätzliche Stühle aufzustellen, Menschen im Chorhemd durch den Altarraum wieseln, ohne Altar, Kreuz und Tabernakel zu beachten, nun, das verwundert nicht mehr.
Feierlicher Einzug, Chorgesang. Uns gegenüber steht dreigliedrig die Phalanx des Klerus.
Der örtliche Pfarrer ergreift das Wort: «Vielen Dank, lieber Bischof Genn, daß Sie ...». Zum Schluß seiner Worte teilt er mit, das der Pfarrgemeinderatsvorsitzende ebenfalls etwas sagen möchte. Der Pfarrgemeinderatsvorsitzende: «Vielen Dank, lieber Bischof Genn, daß Sie ...». Dann hat der Bischof das Wort: «Vielen Dank für den herzlichen Empfang ...» und so weiter. War da nicht noch wer? Doch ja, der Bischof schließt mit: «.. versammeln wir uns im Namen des ...»
Und in der Predigt kommt der Bischof, nach dem er sich zuerst, ausdrücklich «zuerst», bei denen bedankt hat, die zu dieser Feier beigetragen haben, doch noch länger zu geistlichen Themen. Am Ende der Predigt – zur Ehre des Bischofs muß man annehmen, daß es dabei um ein zwingend notwendiges Medikament geht – kredenzt ein Priester dem Bischof ein Glas Wasser.
Zum Schluß der Messe, an der Stelle der üblichen „Vermeldungen“, noch einige Worte des Pfarrers, der dann den Bürgermeister um ein Grußwort bittet (wirklich: bittet). Und auch ein protestantischer Würdenträger aus der Stadt hat dann, immer noch während der Messe, ein Grußwort zu sagen.

W.H.W

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Orietur Occidens

Actuosa participatio

Sonntag, 9. November 2014

Eine Christin aus dem Süden

Fest des heiligen Carlo Borromeo. Festhochamt zum Patronatsfest der örtlichen Studentengemeinde.
Neben mir eine junge Frau, sicherlich eine Studentin, farbig, von angenehmer, sehr gepflegter Erscheinung. Die ganze Zeit des Gottesdienstes hindurch vollzieht sie ständig wechselnde Gebetsgesten: sie faltet die Hände, erhebt sie in verschiedener Weise – durchaus nicht ausladend oder ostentativ: es fällt mir ins Auge, weil ich gleich neben ihr stehe und knie –, bekreuzigt sich, verneigt sich.
Der Gebetsritus eines fernen Volkes? Oder eine persönliche, vielleicht etwas exzentrische Gebetsweise? Ich weiß es nicht; eines aber ist klar: ich erlebe hier mitten in gutbürgerlicher (etwas ans Studentenmilieu angepaßter) Liturgie wirkliche «actuosa participatio».

W.H.W

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„Kreativität“ in der Liturgie

Sonntag, 15. Februar 2015

Verkindergärtnerung der Kirche

Ein neuer Priester zelebriert das Hochamt.
Zum Pater noster läßt er alle Gottesdienstteilnehmer sich an der Hand fassen; dafür fällt der Embolismus aus.
Bei den Vorbereitungen vor der Messe geht er achtlos, ohne Kniebeuge oder Verneigung, vor Altar und Tabernakel vorbei.
Ich sehe zwischen diesen beiden Begebenheiten einen inneren Zusammenhang.
P.S.: Zu den Fürbitten haben wir zu antworten: «Herr, berühre uns!»
Auch das, scheint mir, paßt dazu.

W.H.W

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Laetare

Sonntag, 15. März 2015

Glanz und Grenzen der Kirche im heiligen Köln

Endlich einmal wieder sonntags in Köln. Nach Maria Hilf zu gehen ist mir nicht möglich, aber in einer der romanischen Kirchen ist zu geeigneter Zeit ein Hochamt mit gregorianischem und mehrstimmigem Gesang. Das gibt es in meinem Exil in Deutschlands Fernem Osten kaum.
Die Liturgie ist würdig, weitgehend auf Latein, die Gemeinde nimmt teil, der Gesang ist gut, das Meßgewand penetrant rosa. Zum vom Chor mehrstimmig gesungenen Kyrie und Sanctus bleiben nicht alle, aber doch viele stehen. Das Credo II, das nicht im GL steht, wird gesungen, im Volk mitgesungen, und zum Et incarnatus est verbeugt man sich, manche knien nieder.
An anderen Stellen aber obsiegt doch der Mainstream: obwohl die Kirche nicht sonderlich voll ist, teilt doch eine Kommunionhelferin das Sakrament mit aus (was auch nach Neuem Ordo nicht erlaubt ist); und nach der Kommunion folgen etliche «Vermeldungen». Schade!

W.H.W

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Osternacht

Ostersonntag, 5. April 2015:

Ostervigil kurz vorm Morgengrauen

Aus besonderem Anlaß bin ich nicht heute nacht zur normalen Zeit zur Ostervigilfeier gegangen, sondern erst um 5 in die Propstei. Der Wecker vor 4 Uhr nachts schmerzte, die Kälte bei der Feuerweihe in den späten Stunden der Nacht biß.
War das die Sache wert?
Vom Anlaß her ganz sicher. Aber an sich: eine Ostervigilfeier zwischen Nacht und Nebel?
Am Karsamstag bis zur Vigilfeier durchzufasten, ich gestehe es ein, mute ich mir sowieso nicht zu. Eine kleine einfache Mahlzeit im Laufe des Tages und auch noch irgendwann eine kleine Stärkung gestatte ich mir; und dann freue ich mich auf das, was nach der Vigilfeier geboten wird: Brot, Eier (gern genossen nach so langer Fastenzeit), ein Glas Wein ... Und vielleicht dann zu Hause noch eine nicht mehr fastenzeitliche Köstlichkeit.
Nun aber, ohne die Vigilfeier nach Einbruch der Nacht, fällt die einfache Mahlzeit doch nicht so klein aus, das Fasten des Karsamstags wird recht oberflächlich. Dann aber, am späten Abend, wenn eigentlich schon Ostern ist, nicht etwa der erste österliche Imbiß, sondern eilig der Weg zum Nachtlager, denn der Wecker droht bereits.
Und gegen Anbruch des Morgens dann die Osterkerze. «Ad noctis hujus caliginem destruendam indeficiens perseveret» – lange braucht sie wahrlich nicht mehr auszuharren, um ihren Beruf auszuüben. «Supernis luminaribus misceatur» – die Zeit dazu ist knapp.
An diesem Morgen tritt am Ort um 6.05 Osteuropäischer Zeit («Mitteleuropäischer Sommerzeit») die bürgerliche Dämmerung ein, endet also die Sichtbarkeit der Sterne. Der Morgenstern allerdings («Flammas ejus lucifer matutinus inveniat») kann heute die Kerze sowieso nicht antreffen: die Venus ist zur Zeit Abendstern.
Und nach der Vigilfeier dann ein gemeinsames österliches Frühstück. Angemessene eucharistische Nüchternheit (angemessene, nicht nur aktuell-kirchenrechtlich geforderte) ist zum Ostersonntagshochamt nicht mehr möglich.

W.H.W

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Tag des geweihten Lebens

Sonntag, 19. April 2015

Eucharistie mit Ordensschwestern

In der Propstei ist Familienmesse angesagt; ich flüchte mich in meine Pfarrkirche im Gründerzeitviertel. Ein neuer Priester, ein Salesianer, der mir anderswo schon begegnet ist, hat hier seine Wirkungsstätte gefunden.
Heute ist hier «Tag des geweihten Lebens» (wirklich: heute). Er wird mit einer «Eucharistie mit Ordensschwestern unserer Pfarrei» begangen. Was heißt das?
Nach dem Einzug, vor dem liturgischen Gruß des Priesters, liest eine Ordensfrau einen längeren Text vor.
Statt einer Predigt interviewt der Salesianer selbige Ordensfrau.
Die Kommunion teilen zwei Ordensfrauen aus, während der junge Priester auf seinem Sitz sitzt und die geweihten Hände in den Schoß legt.
P.S.: Eine neue Idee: der Priester singt die Sekret und geht dann vom «Der Herr sei mit euch» an in den Sprechton über.
P.S. (bis): Papst Franziskus I. wird in den Fürbitten genannt (in sonderbar überschwenglicher Weise). Daß heute der 10. Jahrestag der Wahl Papst Benedikts XVI. ist, habe ich nicht gehört.

W.H.W

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Friedensgruß

Sonntag, 26. April 2015

Anstelle profaner Gesten

In der Kirche steht zu meiner einen Seite eine Frau in mittleren Jahren. Zum Friedensgruß hält sie die Hände gefaltet vor der Brust; nein, sie will nicht Hände schütteln, das zeigt sie deutlich. Doch gibt sie den Gruß mit leichtem Neigen des Kopfes, mit freundlichem Lächeln.
«Wo familiäre und profane Gesten des Grußes eingerissen sind, könnten sie durch andere, angemessenere Gesten ersetzt werden», wünschte jüngst die Gottesdienstkongregation in einem Rundschreiben (6.b). Es ist diese Frau, die ich zuerst das verwirklichen sehe.
Siehe:
• Friedensgruß: Ein mißhandelter Ritus in altem Glanz •

W.H.W

Genauso habe ich es auch in Dubai und Bahrein bei der Philippinischen Gemeinde erlebt.

Admiral

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Fürbitten

Sonntag, 3. Mai 2015

Ein verirrtes Gebetsanliegen

Fürbitten im Rahmen der Messe sind eine recht sinnvolle vom II. Vaticanum vorgesehene Einrichtung. Allerdings hat sich für sie bis heute noch keine gute, klare Gestalt herausgebildet, so daß die Fürbitten oft belanglos und in der äußeren Form einfallsreich sind.
Doch im heutigen Hochamt mögen die Fürbitten durchaus Substanz haben – ich weiß es nicht; sie sind mir nicht mehr in Erinnerung.
Viel weniger begrüßenswert sind die Vermeldungen, die sich im Anschluß an die Kommunion eingebürgert haben: sie stören die innere Teilnahme, doch hat der Novus Ordo missae dort «kurzen Mitteilungen, falls sie notwendig sind» einen Platz eingeräumt.
Zum Schluß der heutigen Vermeldungen – alles sitzt, hört lässig zu oder auch weg – wird erwähnt, daß jemand (es ist ein Priester im Ruhestand) gestorben ist. Und nach dem Hinweis aufs Requiem wird dann noch – alles sitzt, hört lässig zu oder auch weg – mit den gebräuchlichen Versen für ihn gebetet.
Wäre an der eigentlich für solche Anliegen vorgesehenen Stelle, in den Fürbitten, für ihn gebetet worden, das Gebet wäre mehr Gebet gewesen.

W.H.W

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Erstkommunionfeier

Sonntag, 10. Mai 2015

Ein Lichtblick?

Erstkommunionfeier in einer abgelegenen hanseatischen Vorortkirche. Die Liturgie: viel guter Wille; über die Wirklichkeit will ich einmal nichts sagen.
Ein Lichtblick: Zuvor wird die Gemeinde aufgefordert, während der Messe nicht zu photographieren; das werde für alle anderen ein Photograph der Pfarrgemeinde übernehmen.
Ein Lichtblick?
Nach dem Eingangslied, langer Begrüßung und kurzen liturgischen Formeln kauert der Priester mit den Erstkommunikanten vorm Altar, um einem jeden von ihnen seine Kerze anzuzünden. Der Photograph steht hinterm Altar, das Gesäß zum Tabernakel gewendet, vorgebeugt über den Altar, um die Szene zu photographieren.

W.H.W

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Nächtlicher Gottesdienst

Sonntag, 17. Mai 2015

.. also viel schöner

In den „Vermeldungen“ am Schluß der Messe wird zum „Even Song“ am kommenden Freitag eingeladen, zu spätabendlicher Stunde, denn es müsse dunkel sein, die Kirche solle ganz von den Kerzen der Teilnehmer erleuchtet werden. Zwei Angehörige des Jugendchors, der an diesem Abend singen wird, erläutern das Vorhaben.
«Es wird ähnlich sein wie die Osternacht», erklärt die junge Frau, «nur ohne frühes Aufstehen, ohne Frieren in der Morgenkälte und ohne Predigt, also viel schöner.»

W.H.W

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Die Oktav von Pfingsten

Pfingstsonntag, 24. Mai 2015

Der Anfang der Kirche

In der Predigt wird besprochen, warum bei der Liturgiereform (vom Konzil, sagt der Prediger, von der verbreiteten Vorstellung befangen, das II. Vaticanum habe etwas mit der Liturgiereform zu tun) die Pfingstoktav abgeschafft worden sei.
Pfingsten sei der Abschluß des Osterfestes, meint er. In der Tat ist es das; schon bei den Juden ist es so. Es hat bei ihnen keine eigene siebentägige Festfeier, sondern beschließt die siebenwöchige Osterzeit (die freilich im Judentum längst keine Festzeit wie in der Christenheit mehr ist). Und ebensowenig hat das Fest in den Ostkirchen eine Festoktav, die in der römischen Kirche allerdings seit Beginn der Überlieferung vorhanden ist.
Ende der Osterzeit, und zugleich sei Pfingsten der Beginn von etwas Neuem: der Anfang der Kirche.
Und darum keine Oktav? Eben jetzt begreife ich, warum Pfingsten eine Oktav zukommt:
Pfingsten ist der Anfang der Kirche. Und damit ist es der Archetypus des Kirchweihfestes. Und schon der erste Antitypus dieses Festes, das Fest der Tempelweihe, das auch der Herr mitfeierte (Joh. 10, 22), hat nach biblischem Gebot (I. Macc. 4, 59; II. Macc. 10, 5-8) eine Festoktav, und ebenso selbstverständlich hat sie unser Kirchweihfest – um wieviel mehr der Archetypus, das Pfingstfest.

W.H.W

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Kinderbilder

Pfingstmontag, 25. Mai 2015

In der Kirche – im Museum

In den Kunstsammlungen der Stadt finde ich eine Reihe von Kinderbildern ausgestellt. Und: sie sind schön.
Und ich erinnere mich an Kinderbilder, wie ich sie so oft in Kirchen habe aushängen sehen, wo man dann meinte, sie aus Kinderliebe irgendwie schön finden zu müssen.
Was macht den Unterschied?
Es mag sein, daß die Bilder hier sorgsamer ausgewählt sind; doch das kann ich von hier aus nicht einschätzen.
Hier aber ist zu sehen, daß man die Bilder ernst nimmt: sie sind gerahmt, mit einem Passepartout versehen, während in Kirchen sie meistens lieblos angepinnt oder angepappt sind.

W.H.W

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Trinitatis

Sonntag, 31. Mai 2015

Sonntag in der Diaspora

Ein Wochenende auf dem Lande in der Diaspora: am nächsten Morgen ist keine Kirche zu finden, in der man an einer Messe teilnehmen könnte.
Also gegen Abend auf der Heimfahrt auf halbem Wege die Fahrt unterbrochen. Das kostet uns drei Stunden, aber: es lohnt sich.
Die Moritzkirche in Halle ist spätgotisch, eine Halle mit Netzgewölbe wie vielerorten, aber mit einem prachtvollen Altar aus alter Zeit.
Die Gemeinde besteht zu großem Teil aus jungen Menschen, doch augenscheinlich durchaus nicht nur aus Kommilitonen der Sänger.
Es singt: ein Ensemble der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik; vier Mann, aber deren Stimmkraft reicht völlig aus. Sie singen Teile des gregorianischen Propriums, die Antiphon des Introïtus, das Graduale, die Communio. Sie singen Teile des Ordinariums: Kyrie, Sanctus und Agnus Dei.
Der Priester singt das Evangelium. Die Kommunion teilt er allein aus.
Das einzige, was mich zunächst befremdet: zum Schluß wird ein Lied mit der Nummer 666 angezeigt. Doch dann schlage ich auf und finde das Salve Regina: unter dieser Nummer stehen nach der besonderen Weisheit der Herausgeber des neuen GL die marianischen Antiphonen.
Das ganz besondere aber an dieser Meßfeier: in der Predigt über die Dreifaltigkeit kann ich keinen theologischen Fehltritt entdecken.

W.H.W

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Kapitelsamt

Sonntag, 14. Juni 2015

Ein Stufengebet im „Novus Ordo“

Das Freiburger Münster: eine Kirche aus bester gotischer Zeit, besonders eindrücklich die frühgotische Trompenkuppel. Nur das Chorhaus hat ein langweiliges spätgotisches Netzgewölbe (man sollte eben nicht so weit nach vorne gehen).
Nach dem Einzug bleibt der Priester stehen vor den Stufen des Altars (nun gut: es ist wohl – Volksaltar – nur eine Stufe), er wartet, bis der Diakon das Evangeliar auf den Altar gestellt hat und wieder an seine Seite zurückgekehrt ist; dann erst steigt er zum Altar hinauf, von vorne, ohne sogleich seine Position „versus populum“ anzustreben.
Das Hochgebet ist der römische Kanon (wenn auch mit arg gestutzter Zahl der Heiligen).
Zur Kommunionausteilung in der vollen großen Kirche greifen die Priester, die im Chor assistieren, zur Stola; Laien werden nicht hinzugezogen.
Und es gibt keinerlei „Vermeldungen“.
Also: nicht nur das Bauwerk ist schön.

W.H.W

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Predigt

Samstag, 6. Juni und Samstag, 11.Juli 2015

Könige und Priester – zweierlei Maß

Kirchweihfest. Am Vorabend wird die Festvesper gesungen. Sehr schön; nur – vorm Magnificat gibt es eine Predigt.
In einer benachbarten Kirche findet eine Abendmusik statt. Vor den letzten Stücken ist im Programm «Gebet und Segen» angesetzt. Sehr schön, dadurch wird aus dem Konzert eine Art von Gottesdienst. Nur – das Gebet fällt fort, wird durch eine Predigt ersetzt.
«Super quem continebunt reges os suum», heißt es in jener O-Antiphon von der Radix Jesse. Was den Königen zugemutet ist, warum ist das den Priestern nicht möglich?

W.H.W

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Meditativer Tanz

Sonntag, 30. August 2015

Beifall im Gottesdienst

Während der Messe tanzen Frauen um den Altar einen «meditativen Tanz». Und dafür erhalten sie Beifall. Wenn die Damen zur Ehre Gottes tanzen: was schert sie der Beifall?
Wenn sie das aber nicht tun: was haben sie im Gottesdienst zu suchen?

W.H.W

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Tiflis

Sonntag, 13. September 2015

Orthodoxe Liturgie von ganz anderem Klang

• Zwischen Ararat und Kaukasus •

Edjmiaçin

Sonntag, 20. September 2015

Der armenische Vatikan

• Zwischen Ararat und Kaukasus •

Orietur Occidens

Allerseelen

Montag, 2. November 2015

Ein sehr festliches Requiem

Das Geläut zweier Glocken ruft zur Allerseelenmesse in unsere Kirche im Gründerzeitviertel.
Der alte, vom Übermaß der gottesdienstlichen Pflichten in zwei Kirchen erschöpfte Pfarrer ist im Ruhestand; und so darf ich hoffen, daß einiges besser wird.
Und so ist es auch, vom Embolismus, der hier endlich wieder gebetet wird, bis zum Ciborium, das der Priester nun nach der Kommunion selber reponiert.
Aber heute ist Allerseelen.
Etwas spät bin ich da, mich empfängt schon Orgelvorspiel zum Eingangslied.
Interessant ist die Oration: Oma, Opa und Umweltkatastrophen kommen darin vor.
Die Sequenz vor (!) dem Halleluja (!) wird in einer deutschen Liedfassung gesungen. Die Sequenz: das ist heute das «Veni Sancte Spiritus».
Ist heute nicht Allerseelen?

W.H.W

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Veralltäglichung des Gottesdienstes

Sonntag, 15. November 2015

«.. einen schönen Sonntag»

Sonntagsmesse in der Kirche einer katholischen Bildungseinrichtung.
Nach dem Segen: «Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.» Die Gemeinde sagt schon im Chor: «Danke, gleichfalls»; der Priester aber wartet das nicht ab, sondern fährt sogleich fort: «Gehet hin ...»
Ist es also doch noch halbwegs gutgegangen?
Aber dann, nach der Antwort der Gemeinde, fügt er hinzu: «Ich danke Ihnen.»

W.H.W

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Stille Messe

Montag, 23. — Donnerstag, 26. November 2015

Freiheit, Ruhe, Gelassenheit

Missa lecta, Missa privata – ist das die Unterklasse der Meßfeier? – oder die Oberstufe?
Unterklasse: sicherlich; es ist die Form der Messe, die gefeiert wird, wenn es an Sängern und Ministranten mangelt oder auch, wenn an diesem Tag in dieser Kirche, zu dieser Stunde ein Hochamt nicht angesagt ist.
Oberstufe: manchem mag solch eine Messe monoton erscheinen: der Zelebrant spricht, fast nur er; die Riten sind auf ein bescheidenes Maß beschränkt. Wer hier an der Messe teilnehmen will, braucht einen wohlausgebildeten liturgischen Sinn.
An den ersten beiden Tagen ist es immerhin eine Missa dialogata: der Zelebrant spricht hörbar, die ganze Zahl der Seminaristen gibt Antwort. Leise aber ist es doch; ein Missale zur Hand zu haben ist hilfreich (nein, ich bin nicht schwerhörig) – in meinem Zimmer hat eines bereitgelegen: «Ad usum hospitum / non auferendum».
Beim «kleinen Kanon» der Opferungsgebete aber schweigt der Zelebrant ganz, und am dritten Tag ist die Messe noch stiller, es antworten nur die Ministranten, der Zelebrant kann noch leiser sprechen. Ich bin mit der kargen Liturgie alleingelassen. Und – nach einiger Zeit merke ich: es tut gut. So karg die Liturgie auch ist, es ist etwas ganz anderes, als fände ich etwa in einer leeren Kirche Raum für meine Andacht: der Priester steht am Altar, ich sehe, was vor sich geht, ich kann mich ganz einlassen, und ganz persönlich einlassen auf die heilige Feier. Es ist eine wohltuende Ruhe, eine innere Freiheit, in der ich wirklich teilnehmen (actuose participare) kann an der Liturgie.
Sicher habe ich das Verständnis der Liturgie im Hochamt erworben, und es ist mir durchaus eine Freude, daß für Freitag eine Missa cantata angesetzt ist. Doch die vier Tage zuvor haben eine Ruhe und Gelassenheit vermittelt, die vielleicht auch meiner Teilnahme am Hochamt gut tut.
Und natürlich: die sichtbare Teilnahme aller Beteiligten, der Einsatz, mit dem sie ohne jedwede Nachlässigkeit ihren Dienst tun, trägt zur Ausdruckskraft der Liturgie bei; jeder, der vorm Altar, vorm Tabernakel vorbeigeht, kniet nieder, auch vor und nach der Meßfeier, auch der, der beim Wegräumen gerade zwei Sedilien in den Händen hält.

W.H.W

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Choralmesse

Samstag, 19. März 2016

Fest des heiligen Joseph

Ungunst der Stunde: der Priester, ein Ministrant und eine Schola, die aus nur einem Sänger besteht: so müssen wir auf das gesungene Proprium zu Ehren des heiligen Joseph verzichten, und als Ordinarium bleibt uns nur die sehr gebrauchte Missa de Angelis.
Und dennoch: für den, der wohnortbedingt der Choralämter entwöhnt ist, reicht schon das Gloria dieser Messe aus, eine ungewohnte Intensität der Participatio zu vermitteln.

W.H.W

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Ordentlicher und außerordentlicher Usus

Ostersonntag, 27. März 2016

Das II. Vaticanum und die zwei Usus des Römischen Ritus

Aus dem real existierenden ordentlichen Usus:
« Osternachtfeier in der Pfarrkirche im Gründerzeitviertel.
Es fängt damit an, daß Priester und Ministranten zur Feuerweihe erscheinen und der Hauptzelebrant die versammelte Gemeinde anspricht: «Guten Abend!» Und die Gemeinde (zum Teil jedenfalls) antwortet: «Guten Abend!» Es wird damit enden, daß er allen frohe Ostern wünscht. Und die Gemeinde (zum Teil jedenfalls) wird antworten: «Danke, gleichfalls».
Das Exsultet mit der anschließende Präfation wird, in Anwesenheit dreier Priester, von einer Laiin gesungen; ihre einzige Konzession an die liturgische Ordnung ist, daß sie den Dialog, der die Präfation einleitet, ausläßt – er fällt ganz weg.
Die Predigt ist lang und hat wenig mit Ostern zu tun.
Nach dem Vater unser wird der Embolismus ausgelassen – stattdessen geht dem Gebet vor dem Friedensgruß noch eine Kurzpredigt voran.
Und die Kommunion wird von einem Priester und von Laie und Laiin ausgeteilt, während die zwei anderen Priester (deren einer jung ist, deren anderer immerhin noch zu einer langen Predigt sowie einer zusätzlichen Kurzpredigt in der Lage war) es sich auf ihren Sitzen bequem machen.
Ich werde auch künftig zur Messe einen weiteren (wenn auch nicht außerordentlichen) Weg dem zur benachbarten Pfarrkirche vorziehen. »
(Eine Expedition in die eigene Pfarrkirche)
Aus dem real existierenden außerordentlichen Usus:
« ... Ich sah den feierlichen Schmuck der Kirche, den Altar, die Messgewänder, die rituellen Handlungen, die Kniebeugen vor dem Altar. Ich hörte die Schola den Choral singen und die Gemeinde im Wechselgesang antworten. Alles war ein einziger Gesang, der in eine große Stille mündete. Ich fand es wunderschön.
Die Bewegungen und Handlungen des Priesters und der Ministranten waren von Sorgfalt und Ernsthaftigkeit geprägt. Sie folgten einer geheimnisvollen Ordnung, die ich nicht verstand und hinter der sie ganz zurücktraten. Die Form stand in ihrer Einheit ganz für sich. Es gab keine erklärenden Einschübe, keine Paraphrasen, keine niedrigschwelligen Angebote und keine Übersetzungen. Wer hier mitwollte, der konnte das nicht im Vorbeigehen erledigen. Es würde also Anstrengung kosten.
Die Messe wirkte selbstbewusst, bedeutungsvoll, und sie verwies in allem ganz auf Gott. Ich konnte sehen, wie die Menschen am Altar und in den Bänken ganz auf den hin orientiert waren, den ich nicht sehen konnte. Ich konnte es selber nicht ermessen, merkte aber am Verhalten der Menschen, die mich umgaben, dass sie etwas Großem beiwohnten. Sie verhielten sich tatsächlich so, als ob sie in der Gegenwart Gottes stünden, des gekreuzigten Königs der Könige. »
(Andreas Kobs: Mein Weg zur Kirche durch die alte Liturgie)
Aus der Liturgiekonstitution des II. Vaticanum:
2. Liturgia enim, per quam, maxime in divino Eucharistiae Sacrificio, „opus nostrae Redemptionis exercetur“ ... et ita quidem ut in ea quod humanum est ordinetur ad divinum eique subordinetur, quod visibile ad invisibile, quod actionis ad contemplationem, et quod praesens ad futuram civitatem quam inquirimus.
(In der Liturgie, besonders im heiligen Opfer der Eucharistie, „vollzieht sich das Werk unserer Erlösung“ ... und zwar so, daß dabei das Menschliche auf das Göttliche hingeordnet und ihm untergeordnet ist, das Sichtbare auf das Unsichtbare, die Tätigkeit auf die Beschauung, das Gegenwärtige auf die künftige Stadt, die wir suchen.)
22. § 3. Quapropter nemo omnino alius, etiamsi sit sacerdos, quidquam proprio marte in Liturgia addat, demat, aut mutet.
(Deshalb darf durchaus niemand sonst, auch wenn er Priester wäre, nach eigenem Gutdünken in der Liturgie etwas hinzufügen, wegnehmen oder ändern.)
30. ... Sacrum quoque silentium suo tempore servetur.
(... Auch das heilige Schweigen soll zu seiner Zeit eingehalten werden.)
(Constitutio de Sacra Liturgia „Sacrosanctum concilium“)
Welcher Usus des römischen Ritus entspricht mehr den Vorgaben der Liturgiekonstitution?
Siehe auch: • Liturgie im Sinne des II. Vatikanischen Konzils •

W.H.W

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Sakrale Musik und moderne Liturgik

Pfingstsonntag, 15. Mai 2016

Wem singt die Kirche im Gottesdienst?

«Thesaurus Musicae sacrae summa cura servetur et foveatur», ordnete das II. Vaticanum (Sacr. conc. 114) an: «Der Schatz der sakralen Musik werde mit höchster Sorgfalt bewahrt und gefördert.»
Eine wichtige und wenig beachtete Anordnung. Aber heute ist eine Mozart-Messe angesetzt.
Und es zeigt sich, wie wenig lebendig hier mehr die Tradition der sakralen Musik ist. Der Zelebrant ist eigentlich sehr liturgiebewußt, aber erst vor recht kurzem dem Seminar entschlüpft
Das Gloria, dessen ersten Worte nicht zur Komposition gehören, stimmt nicht der Priester an, sondern ein Sänger aus dem Chor. Zum Sanctus setzt sich der Priester.
Und zum Schluß, bei den „Vermeldungen“: Er dankt dem Chor, der «uns diese Mozart-Messe geschenkt hat».
Hat der Chor sie uns, oder hat er sie dem Herrn geschenkt?
«Mir fehlt in Messen immer wieder der Gottesbezug. Viel zu häufig wird alles auf die Leute gemünzt. Und wenn die Leute zufrieden sind, kriegt der liebe Gott auch noch was ab», erklärte kürzlich der Kevelaerer Kirchenmusiker Wolfgang Seifen.
Und wir werden zum Applaus aufgefordert. Und ich denke an ältere Zeiten, an den Glöckner von St. Prokop, und an den Alten Ritus, den ich in einer protestantischen Kirche unserer Stadt erlebt habe.

W.H.W

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Grüße im Gottesdienst

Sonntag, 12. Juni 2016

Ein Hochamt und der liturgische Alltag

Hochamt in einer Vorstadtkirche am südöstlichen Rand des Ruhrgebiets.
«Hochamt» ist angezeigt, und es ist wirklich ein Hochamt: Weihrauch, liturgischer Gesang. Zum Schluß wird ein hard-core-Marienlied gesungen:«Wunderschön prächtige».
Doch bei einigen Gelegenheiten dringt der liturgische Alltag ein: nach der Kommunion tritt zu den leider unausrottbar erscheinenden Vermeldungen ein Laie (in Ordnung) hemdsärmlich (nun ja) zum Lesepult, trägt sie vor und schließt mit seinen guten Wünschen für den Sonntag; und die Gemeinde antwortet: «Danke, gleichfalls!» Und dann kündigt der Priester den Segen an, verbindet das mit seinen guten Wünschen für den Sonntag; und die Gemeinde hat gleich noch einmal «Danke, gleichfalls!» zu antworten.

W.H.W

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Patronatsfest

Freitag, 24. Juni 2016

Solennité auf Polnisch

Der heilige Johannes der Täufer ist der Patron der Kathedrale und der Erzdiözese. Und so wird des Abends das Pontifikalamt mit größter Feierlichkeit begangen.
Wir sind in Polen: Militär ist eingezogen (beiderlei Geschlechts); es sind nicht sehr viele, aber mit Fahne und im Marschtritt. Sie stehen still im Mittelgang, bis sie nach dem Ende der Messe wieder im Marschtritt abziehen.
Es beginnt mit einem lateinischen Johannes-Hymnus. Es ist keine alte Hymnenmelodie, die Singweise erinnert an das, was ich aus feierlichen französischen Gottesdiensten kenne. Es ist freilich noch etwas forcierter. Forcierter: das Besondere sind die bis zum Höchstmaß aufgedrehten Lautsprecher – im weiteren Verlauf der Messe bemerke ich, wie selbst eine ganz schlichte Psalmodie durch die Lautsprecher einen deutlich anderen Charakter erhält.
Und natürlich: zu Beginn eine Begrüßung für Exzellenzen und Präsidenten, zum Schluß (unter anderem) für selbige viel «Dziękuję» (mehr zu verstehen verwehrt mir der Mangel an Polnisch-Kenntnissen) – der Tribut an die Forderungen der modernen Liturgie.
Aber das alles tut der geistlichen Qualität und der echten Solennité der Meßfeier keinen Abbruch. Geistliche Gesänge, die, wie schon gesagt, an französische erinnern, ein Alleluja, so triumphal, daß es selbst mich verblüfft, auch einmal, wie schon gesagt, eine schlichte Psalmodie, zum Offertorium Bruckners «Inveni David» – ohne Bezug zum Fest, aber schön.
Die sehr große Kathedrale ist übervoll, aber zum Austeilen der Kommunion sind Priester und Diakone da; sie wird im Knieen empfangen.
Am nächsten Tag gerate ich, als ich eine Kirche besichtigen will – die der heiligen Maria na Piasku –, in eine Hochzeitsfeier, eine Trauung mit Leviten. Die Kirche ist so groß, daß ich unauffällig dabeibleiben kann. Reicher Gesang: so wird die eigentliche Trauung eingeleitet durch das Veni Creator Spiritus mit allem, was an Versikeln und Orationen liturgisch dazugehört. In der anschließenden Missa solemnis kann ich in den Meßgesängen etwas von dem erkennen, was die polnische Feierlichkeit mitprägt: die vom Volk gesungenen Verse des Ordinarium folgen der gebräuchlichen Choralmelodie, während der Chor eine Melodie singt, die verziert ist durch zusätzliche Melismen, die sich durch ihre Liebe zu großer Höhe auszeichnen.
Nur als Communio bleibt es bei der schlichten Choralantiphon; dann aber folgt Mozarts «Ave verum».
Und dann, von Chor und Volk im Wechsel gesungen, das Te Deum.
Zum Auszug (nicht nur in Polen angemessen) das Salve Regina, und als Orgelnachspiel nicht etwa ein Hochzeitsmarsch, sondern das Prélude des Te Deum von Charpentier.
Gott sei mit dem Brautpaar!

W.H.W

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Juli 2016 — Epiphanie 2019:
• LITURGICA IV •
Ab Januar 2019:
• LITURGICA V •

Orietur Occidens